27.6.08

Sitzen im Museum IV


Im Barcelona Chair, der im wiederaufgebauten deutschen Pavillon steht und der wie der Pavillon selbst von Ludwig Mies van der Rohe für die Weltausstellung in Barcelona 1929 konstruiert worden war, lässt es sich gut über die Gedanken des Meisters selbst reflektieren:

"Architektur beginnt, wenn zwei Backsteine sorgfältig zusammengesetzt werden. Architektur ist eine Sprache mit der Disziplin einer Grammatik. Man kann Sprache im Alltag als Prosa benutzen. Und wenn man sehr gut ist, kann man ein Dichter sein."

(zit. nach David Spaeth: Mies van der Rohe. Der Architekt der technischen Perfektion. Stuttgart 1995 und Wikipedia)

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26.6.08

Tamm eröffnet sein Museum

Hamburg hat ein neues Museum - das Internationale Maritime Museum. Die Institution in der historischen Speicherstadt stützt sich auf die Sammlung des Springer-Verlegers Peter Tamm, der für Aufbau und Umsetzung von der Stadt Hamburg den Kaispeicher B erhielt sowie 30 Mill. Euro. Liest man nun die Berichte über die Eröffnung, so meint man, das von zwei unterschiedlichen Museen die Rede sei.
Beim Hamburger Abendblatt war alles eitel Sonnenschein. Da wird über die vielen tollen Objekte berichtet, da klopfen sich die Politiker - selbst Bundespräsident Köhler war anwesend - auf die Schulter. Alle freuen sich über die Erfüllung eines Kindheitstraumes. Die kleine Störung vor der Tür kann man hinnehmen: "Vor dem Museum demonstrieren eine Handvoll Menschen gegen die nach Ansicht der Kritiker unreflektierte Militärlastigkeit der Ausstellung." Denn: "Die oft kritisierte Sammlung von Kriegsschiffen aus allen Epochen sowie Handfeuerwaffen und Uniformen beschränkt sich wesentlich auf eine Etage", so das Abendblatt. Ist also alles gar nicht so schlimm?
Till Briegleb von der Süddeutschen Zeitung scheint ein anderes Museum besucht zu haben:

"Was man dort nämlich faktisch lernen kann, ist, wer mit 196 Schiffen die meisten Versenkungserfolge in der Geschichte des U-Boot-Krieges vorzuweisen hat und wie toll die Kameradschaft auf einem deutschen Kriegsschiff der Nazizeit war.

Sachliche Information besteht aus unkritischer Kolonialgeschichte und ausführlichen Erinnerungen der kaiserlichen Admiralität, deren Ordensnachlass und Hutschachteln dazu noch prunkvoll inszeniert werden.

Statt die Gräueltaten der Herrenmenschen in Afrika und Europa zu dokumentieren, beschreibt die Ausstellung lieber in ermüdender Ausführlichkeit die technischen Details von Torpedos und Panzerschiffen. "

Sein Fazit ist:

"Die staatliche Unterstützung und die Würde, die der Bundespräsident dieser Eröffnung mit seiner Anwesenheit verleiht, sind angesichts des dubiosen Inhalts des Museums ein fatales Zeichen. Wenn Herrschaftsgeschichte wieder Opfergeschichte aus dem Museum verdrängt, ist Mahnung gefragt, nicht Salbung."

Da hilft nur eines: selbst hingehen!
Hier
ein Artikel in der Taz, hier kann man die Eröffnung im ZDF sehen, hier der Bericht auf Spiegel online und hier geht es um Aktionen von KünstlerInnen, die das Museum kritisieren.

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23.6.08

Kunst bewohnen

Bewohnte Kunst Installation heißt das Projekt, das Sandip Shah seit 2002 in Darmstadt verfolgt. Der Ort ist eine schöne Ladenwohnung. Vorne, der große Raum mit Fenster zur Straße, ist das Wohnzimmer, in dem Sandip Shah regelmäßig befreundete KünstlerInnen präsentiert. Die Ausstellungen dehnen sich dann bis in die Küche und den Flur aus. Nun zeigt Sandip Shah seine Bilder, die sich mit dem Thema Überwachung auseinandersetzen. Hierzu nimmt Shah das Datenmaterial, das zahlreiche Kameras an verschiedenen Orten für ihn aufnehmen, vergrößert Videostills und transformiert sie auf große Leinwände. Die Bilder wirken auf den ersten Blick sehr bunt und erinnern zum Teil an Wärmebilder. Genauer betrachtet kann man dann menschliche Formen ausmachen. Wirklich beeindruckend!
In Antwerpen hat Shah in diesem Sommer vor, sein Projekt Sicherheitsbüro weiterzuführen. Und damit die DarmstädterInnen auch etwas von der Hafenstadt haben, werden Ausdrucke von Videostills, die Shah dort anfertigt, an die Scheibe der bewohnten Kunst Installation geklebt. Letzten Sonntag habe ich Menschen bei der Ausstellungseröffnung beobachtet. Im Hintergrund eines der leuchtenden Bilder von Shah.



Geöffnet ist die bewohnte Kunst Installation jeden ersten Sonntag im Monat zwischen 14 und 17 Uhr und nach telef. Vereinbarung.

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20.6.08

Kassel, ohne Documenta

Köng Lustik, so wurde der jüngste Bruder von Napoleon genannt, und zwar laut Wikipedia deswegen, da er nicht viel deutsch konnte außer „Morgen wieder lustig!“. Jerôme Bonaparte regierte von Kassel aus zwischen 1807 und 1813 das Königreich Westphalen. Er liebte die Selbstdarstellung, war ein Lebemann und Schürzenjäger, führte aber zugleich wichtige Reformen ein. So gilt er auch als einer der Wegbereiter der Demokratie. Die gleichnamige Landessausstellung im Fridericianum in Kassel würdigt nicht nur diese Aspekte. Die Ausstellung ist auch deswegen so interessant, weil sie ein Lehrstück über Kunstraub ist. Napoleon hatte alle größeren Sammlungen der Länder geplündert, die er bei seinen Feldzügen streifte. Die Bilder wurden erstmals im Louvre ausgestellt, dann an andere Museen weitergegeben und verkauft. In der Ausstellung werden die geklauten Bilder erstmals wieder in Kassel gezeigt - ergänzt von denjenigen, die als Ersatz in Auftrag gegeben worden waren. Die Ausstellung ist ein gute Gelegenheit, Kassel einmal außerhalb einer Documenta zu erleben...
Hr-online berichtet hier ausführlich darüber.

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18.6.08

Sitzen im Museum III


Leider, leider darf man sich hier nicht hinsetzen.
Gesehen im Jean-Paul-Museum in Bayreuth.

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17.6.08

Kunst erlaufen

Noch bis zum 22. Juni ist im Rahmen der Kunsträume Bayern in Fürth die Containerart zu sehen. Der Rundgang beginnt am Hauptbahnhof. In leerstehenden Büros der DB sind KünstlerInnen eingezogen und haben die zugewiesenen Räume völlig verwandelt. Von hier aus spaziert man durch Fürth, um sich die zwölf Kunst-Container anzuschauen. Es ist schon erstaunlich, was man alles in diesen normierten, etwa 15 qm großen Container alles machen kann. Videos, Installationen... Auch Interaktion war gefragt: Im Container von Barbara Denzler etwa konnte man Gegenstände mitbringen, die man gerne loszuwerden wünschte. Allerdings musste man die Entscheidung treffen, ob diese Gegenstände weiter verwendet oder zerstört werden sollten; die entsprechenden Gerätschaften dafür waren inklusive Schutzbrille vorhanden. Andere Besucher konnten sich dann wiederum fürs Mitnehmen entscheiden; das Tauschregal war aber noch ziemlich gut gefüllt.
Mit am erstaunlichsten ist sicherlich das Clover Inn, das, als wir es besuchten, sich nahtlos in das Stadtfest einfügte. Axel Voss hat den Container mit goßer Detailliebe in einen schottisch-irischen Pub verwandelt, in dem man Bierraritäten aus Great Britain und die leckeren vinegar-Chips essen kann. Auf Bierbänken saß man davor und schaute dem bunten Treiben zu - viele Besucher des Festes rund um eine Sportveranstaltung haben vielleicht gar nicht bemerkt, dass dieser Stand eigentlich gar nicht dazugehörte.

Ein Erlebnisbericht zu der Containerart steht auf zonebattler's homezone

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16.6.08

Vogelscheuchen angucken

Sehr geheimnisvoll sieht das Schild vor einem mächtigen Haus in der Brandenburger Strasse in Bayreuth aus. Gerne hätte ich das Verottungsmuseum besucht, aber natürlich reizte mich auch die Vogelscheuchengalerie. Auf Laufkundschaft ist das Museum? außerhalb der Festspielzeit allerdings nicht eingestellt. Hier erfährt man etwas mehr.

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13.6.08

Ein echter Geheimtip

Wenige spielen Fußball, (fast) alle schauen zu: ein echter Tip ist es, dann ins Museum zu gehen. In den meisten Städten haben Museen ja auch mittlerweile mindestens einmal in der Woche abends geöffnet. Mittwoch abend herrschte im Frankfurter Städel Museum eine gähnende Leere: In der Stillleben-Ausstellung (ja, 3l hintereinander) Magie der Dinge schaute sich sogar die Aufsicht die Bilder genauer an. Wer allerdings eine Lilien-Allergie hat, sei hier schon mal vorgewarnt: im Foyer zur Ausstellung steht ein gigantischer Blumenstrauß mit nicht so lieblich duftenden Lilien. Dafür ist er schön anzusehen.

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12.6.08

Sitzen im Museum II

Ich glaube, das Pergamonmuseum ist deswegen so beliebt (1,3 Mill. Besucher 2007 ), da die Treppe des Pergamon-Altars ein gigantisches Sitzmöbel bietet. Auf der Treppe sitzend, langweilt man sich keine Minute. Dafür sorgen die Schulklassen und man vergisst, dass man sich eigentlich in einem Musentempel befindet.

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11.6.08

Mut zur Frau

Nach langem Suchen im In- und Ausland, Gerüchten und Vermutungen, Ausschreibung und weiterem Gemunkel hat das Wiener Kunsthistorische Museum nun einen neuen Direktor - und es ist eine Direktorin. Die 46 jährige Sabine Haag, Leiterin der Kunstkammer wurde von Kulturministerin Claudia Schmied zur wissenschaftlichen Generaldirektorin bestellt. Ihr zur Seite steht ein kaufmännischer Direktor, Paul Frey. Diese Ernennung überraschte, Hausbesetzungen sind ja heutzutage selten geworden und die als Seipel Nachfolger gehandelten Kandidaten waren "Stars" der internationalen Museumsszene - und ausschliesslich Männer!
Mehr dazu im "Standard"

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Ausstellungseröffnung für Nicht-Eingeladene im Internet

Der Countdown läuft für das Graphik-Design-Museum in Breda in den Niederlanden: heute um 16 Uhr wird es von Königin Beatrix eröffnet. Vier Ausstellungen werden zugleich präsentiert; die interessanteste wird sicherlich "100 Jahre Design in den Niederlanden" sein. Wir, die wir nicht nach Nordbrabant reisen, können das Opening live im Internet verfolgen. Es soll sich um das erste Graphik-Design-Museum in der Welt handeln, wie man den ambitionierten Internetseiten entnehmen kann. Mit einem wirklich witzigen Film, in dem die Icons der Welt ins Museum fahren, wird da etwa fürs Museum geworben. Leider ist es mir auf den Seiten nicht gelungen, so etwas Banales wie Öffnungszeiten herauszufinden.

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10.6.08

Nun wird es wahrscheinlich

doch nichts mit dem Boot fahren zum Museum. Man weiß nun in Frankfurt wieder mehr über das Museum der Weltkulturen. Genauer gesagt, man weiß, wo es nicht hin soll: es wird keinen Neubau auf dem Degussa-Areal geben, da möchte der Eigentümer nun doch lieber Wohnungen bauen (nachdem die Stadt eine Entscheidung hinausgezögert hat). Und es wird wahrscheinlich nicht nach Offenbach ziehen; dagegen späche, so Kulturdezernent Semmelroth in faz.net, dass "die ethnologische Sammlung von Frankfurter Bürgern gestiftet worden sei und daher in ein Museum in der Stadt gehöre". Also eine endlose Geschichte? Leider liest man in den Zeitungen nichts darüber, wie das Museum selbst dazu steht bzw. was da für Vorstellungen herrschen. Schade eigentlich!
Hier steht was drüber in der Frankfurter Rundschau.

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Klingende Ausstellung

In Paris kann man den Mai 1968 hören: Im Rathaus des 18. Arrondissement wurde eine typische Wohnung konstruiert, wie sie im Mai 1968 eine vierköpfige Arbeiterfamilie bewohnt haben könnte. Die Besucherin erwartet in den Räumen ein "parcours ludique LA BANDE SON DE MAI 68". In der Küche hört maman Charles Aznavour, während beim Sohn von Jacques Dutronc "Il est 5 heures Paris s’éveille" oder von Steppenwolf "Born to be wild" läuft. Ergänzt werden die Hörräume von Plakaten, Fotografien, Zeitungsausschnitten, authentischen Straßengeräuschen von Demonstrationen, von Filmausschnitten - wie etwa die Nachrichtensendungen von Mai 1968 oder Episoden der Comicserie Les Shadoks, die damals entstand. Bevor man in die Wohnung kommt, muss man erst einmal einen "panier à salade" queren - einen Polizeiwagen, in dem berühmte oder weniger berühmte Zeitgenossen über ihren Lieblingshit von Mai 68 reden. Ich finde, das klingt gut.
Hier kann man filmische Interviews ansehen, in denen etwa der frühere Premierminister Lionel Jospin oder Georges Moustaki über ihre Lieblingslieder von Mai 68 reden. Und hier steht etwas über die Ausstellung in Le Monde.
Noch bis zum 5. Juli.
Mairie du 18e,
1, place Jules Joffrin
75018 Paris, Metro Jules Joffrin

von Montag -Freitag: 8.30 bis 17 Uhr (Do bis 19.30 Uhr) und Samstag von 9 bis 12.30 Uhr

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9.6.08

Mit dem Schiff ins Museum?

Das Museum der Weltkulturen in Frankfurt am Main zeigt seit Jahren schon die Sammlung in wechselnden Ausstellungen. Für eine Dauerausstellung ist in den am Museumsufer liegenden drei Villen kein Platz vorhanden. Zwar wurden schon einmal vor Jahren Bäume gefällt für einen Erweiterungsbau, der aber dann nicht politisch nicht durchsetzbar war, fiele doch der Park zum Opfer. Seitdem waren mehrere Standorte in Frankfurt im Gespräch: so kursierte Ende letzten Jahres der Vorschlag, dass auf dem Grundstück des Sudfass, ein Bordell am Main und in unmittelbarer Nachbarschaft zum Museumsufer, ein Neubau entstehen sollte. Aber auch das Degussa-Areal im Zentrum der Stadt, das völlig neu bebaut wird, käme als neuer Standort in Frage. Nun ist noch ein dritter möglicher Standort hinzugekommen, der nicht ohne regionalpolitsche Brisanz ist: Offenbach hat vorgeschlagen, das Museum auf der Offenbacher Hafenspitze unterzubringen. Hier entsteht ein neuer Stadtteil, eine Mischung aus Büros, Wohnungen und Kultur. Die Offenbacher Hochschule für Gestaltung überlegt wohl gerade, langfristig dorthin in einen Neubau zu ziehen, so wäre der Standort noch attraktiver.
Der Bürgermeister von Offenbach ist voller Tatendrang: „Wir könnten ein unübersehbares städtebauliches und architektonisches Zeichen setzen“, sagte Schneider, „eines, das Beachtung im Maßstab des Welttourismus fände.“ So steht es in der faz.net.
Auf diese Weise würde das Frankfurter Museumsufer um einige Kilometer verlängert - ich sehe schon den Museumshuttle voller Touristen auf dem Main hin und her düsen.
Frankfurt ist anscheinend nicht abgeneigt. Allerdings müssten Frankfurt und Offenbach ihre lang gepflegte Rivalität aufgeben. Wie man auf Wikipedia erfahren kann, wurde der Grundstein für die Streitigkeiten zwischen den beiden Städten schon im Mittelalter gelegt. Wäre doch nicht schlecht, die Überreste dieser Rivalität mal in einem Museum ansehen zu können, etwa in Form einer nicht mehr gebrauchten Streitaxt oder so.
Und vielleicht könnte dieses Projekt, das Musée des Confluences in Lyon, als Anschauung dafür dienen, wie ein Museum im Fluss funktionieren könnte. Es ist leider immer noch nicht fertiggestellt, aber man kann sich schon mal vor Ort informieren.

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6.6.08

Sitzen im Museum

Museumsbesuche sind nicht nur anregend, sondern auch anstrengend, machen müde Beine und einen vollen Kopf. Deswegen braucht es in Museen und Ausstellungen Sitzmöbel, um über das Gesehene nachzudenken (oder um andere BesucherInnen beim Anschauen der Bilder und Exponate anschauen zu können). Den Auftakt der Reihe über Sitzmöbel im Museumsblog macht ein besonders schönes Beispiel aus dem Ashmolean Museum in Oxford. Sitzen auf hohem Niveau.

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3.6.08

Nur für dich

Antoine Capets Rezension der Ausstellung For Your Eyes Only: Ian Fleming and James Bond im Imperial War Museum in London macht Lust, hinzugehen
"The difficulty for its curators resides in finding the right mix between
that ambition and continuing to attract new visitors with less ‘high-brow’
events", so Capet. Und er bescheinigt, dem IWM das nötige Mittelmaß gefunden zu haben: "Again, less ‘high-brow’ does not necessarily mean cheap
commercialism, as shown in the current _ Ian Fleming and James Bond_Exhibition."
Bis zum 9. März 2009 ist noch Zeit, hinzugehen.
Hier ist die gesamte Ausstellungsrezension zu lesen.

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2.6.08

Geliebt, gehasst, geköpft - und wiederentdeckt

Noch bis Ende des Monats zeigt das Pariser Grand Palais eine Ausstellung über Marie-Antoinette. Mehrere Biografien aber vor allem der Film von Sofia Coppola haben die unglückliche Königin wieder in den Mittelpunkt des Interesses gerückt.
Die Szenografie des Kanadiers Robert Carsen, ist überaus geglückt. Man merkt, dass Carson vom Theater kommt, er weiss die einzelnen Stationen effektvoll in Szene zu setzen. Die Ausstellung zieht sich durch Zimmerfluchten, zuerst in fröhlichem, warmen Rot wird die unbeschwerte Kindheit der Erzherzogin am Wiener Hof dargestellt, bevor zartes Lichtblau ihre ersten Jahre am französischen Hof symbolisiert. Kühler aber dennoch hell und unbeschwert ist der Hintrgrund. Die Bilder der französischen Königsfamilie zeigen, ausser dem alternden Louis XV, Halbwüchsige, fast noch Kinder (Louis XVI, seine Brüder, Schwestern und Schwägerinnen), ein Umfeld in dem die lebenslustige Österreicherin anfangs bewundert und geliebt wird. Zahllose Bilder, Büsten, Stiche sollen die Thronfolgerin auch dem einfachen Volk nahebringen. Immer toller und aufwendiger werden Vergnügungen, Moden, Frisuren bevor die Zeit der neuen (stilisierten) Einfachheit kommt. Zartes Grün umgibt die Möbel und Dekorationsobjekte die Marie-Antoinette ohne Unterlass für ihre verschiedenen Schlösser und vor allem für ihr geliebtes Trianon anfertigen lässt. Eine Theaterkulisse dient als bukolischer Rahmen für die Porträts ihres Freundeskreises der sie nach und nach dem offiziellen und einflussreichen Hofadel entfremdet. Die Farben verdüstern sich. Auch die Porträts Marie-Antoinettes im Kreise ihrer Kinder vermögen die öffentliche Meinung nicht mehr zu beeinflussen. Immer dunkler und leerer wird es um sie - und um den Besucher. Der letzte Raum ist schwarz, an den Wänden rechter Hand, die Karikaturen, Spott- und Hassschriften, auf der linken Seite Auszüge aus ihren letzten Briefen die immer hoffnungsloser werden. Einige wenige, armselige Gegenstände zeugen von der Härte ihrer Gefangenschaft. Und schliesslich an der dem Eingang gegenüberliegenden Schmalseite von einem Rahmen in Form eines dunkelroten Schafottes umgeben, ihr letztes Bild, eine kleine Zeichnung die sie auf dem Schinderkarren zeigt. Tragisches Ende der Geschichte einer lebenslustigen und unkonventionellen jungen Frau (sie ist 38 Jahre alt als sie geköpft wird).
Die Objekte und Bilder sind geschickt gewählt, vielfältig ohne den Besucher zu erdrücken, die Texte sind gut lesbar, nicht zu lange aber informativ, zeitgenössische Musik ergänzt die visuellen Eindrücke. Eine, meiner Meinung nach, beispielhafte Ausstellung über eine historische Persönlichkeit die dazu anregt, sich im Anschluss in eine der zahlreichen Biografien zu vertiefen - besonders empfehlenswert jene von Stefan Zweig!

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1.6.08

Eine Schwalbe macht noch keinen Sommer...

aber immerhin eine der wenigen erfreulichen Nachrichten aus dem Irak: Eines der Museen in Bagdad soll im Juni nach langen Renovierungsarbeiten infolge der Kriegsschäden wiedereröffnet werden. Schon im April hat die syrische Regierung 700 antike Objekte, hauptsächlich Gefässe und Goldschmuck, den irakischen Verantwortlichen zurückerstattet. Laut Le Monde wurden mehr als 32.000 wertvolle Stücke seit dem Einmarsch der Amerikaner 2003 aus den archäologischen Ausgrabungsstätten und Museen entwendet.

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