31.8.09

Auch diese Post schließt

Erreicht die Wirtschaftskrise nun die Museen?

In Hamburg schließt zum 18. Oktober 2009 das Museum für Kommunikation, wie am 26. August aus dem Hamburger Abendblatt zu erfahren war. Das Museum gehört zur Museumsstiftung Post und Telekommunikation; die Museen in Berlin, Frankfurt am Main und Nürnberg sollen weiter bestehen bleiben. Die Objekte des Hamburger Museums, das (noch) in der ehemaligen Oberpostdirektion am Stephansplatz untergebracht ist, sollen in den Depots der Stiftung eingelagert werden - auch für die Geschichte Hamburgs bedeutsame Stücke. Die sehenswerte Dauerausstellung von 1999, die der Lage entsprechend einen maritimen Schwerpunkt hat, sollte man sich also unbedingt noch einmal anschauen. Es geht vor allem um die Übermittlung von Nachrichten an den Küsten, am und im Meer - also um Flaschenpost, Wattenpostkutsche und um das erste Transatlantikkabel. Die Schließung wurde in der Museumsstiftung schon im Juli beschlossen:
"Bei einer außerordentlichen Sitzung hat das Kuratorium am 7. Juli beschlossen, den Standort Stephansplatz Mitte des Jahres 2010 aufzugeben und das Museum an keinem neuen Standort weiterzuführen. Für das Publikum wird das Museum bereits am 18. Oktober geschlossen", sagte Morbach. Grund seien die Pläne des Investors, der das Gebäude gekauft habe und demnächst ein Klinikum hier errichten werde. "Eine Fusion mit einem anderen Hamburger Museum erwies sich als unrealisierbar. Da wir nicht über die finanziellen Mittel verfügen, das Museum an einem neuen Standort wettbewerbsfähig zu etablieren, ist die Schließung nun leider unvermeidlich", sagte Morbach."
Über eine Schließung war anscheinend schon länger debattiert worden. Schuld sind weniger mangelnde Besucherzahlen, sondern wohl die allgemeine Sparpolitik bei der Deutschen Post und bei der Deutschen Telekom, den Trägern der Museumsstiftung. Das ist bedauerlich, denn der Besuch im Hamburger Museum für Kommunikation lohnte immer - vor allem auch mit Kindern. Auch ist es sehr schade, dass keine Hamburg-interne Lösung gefunden werden konnte: "Wir sind nicht zuständig, da es sich um eine bundesunmittelbare Stiftung handelt, "so wird im Abendblatt die Kulturbehördensprecherin Ilka von Bodungen zitiert.

Labels:

26.8.09

Es darf gelacht werden

Linz in Oberösterreich, einst vor allem für seine Stahl- und Chemieindustrie bekannt (berüchtigt) ist heuer europäische Kulturhauptstadt. Gelegenheit also, mit dieser von Touristen bisher eher links liegen gelassenen Stadt Bekanntschaft zu schliessen.
Die frühere übel riechenden Abgaswolken aus den Fabriksschloten sind ja bereits seit längerem von der "Klangwolke" abgelöst worden und der niedergehenden Schwerindustrie hat die Stadt mit zukunftsträchtigen Techniken und Hinwendung zum zeitgenössischen Design gekontert. Die "ars electronica" wurde zu einem internationalen Begriff.
Im Umfeld des Kulturhaupstadtjahres wurde nicht nur viel restauriert (barocke Innenstadt) und neu gebaut (Lentos Museum, ars electronica Zentrum, neuer Ausstellungsflügel im Schloss...) sondern ein reichhaltiges Programm möchte neue Besucher für die Stadt gewinnen aber auch den Einheimischen einen neuen Blick auf ihre Umgebung und ihre Geschichte bieten (dies auch durchaus kritisch mit Inschriften am Strassenpflaster die an Ereignisse der Nazizeit erinnern die eben an diesem Ort stattgefunden haben).
Das offene Kulturhaus, OK, hat drei Kunstrundgänge organisiert. Für "Schaurausch" stellten Geschäfte ihre Vitrinen Künstlern zur Verfügung, in "Tiefenrausch" wurden die Besucher durch Keller, Trinkwasserreservoirs, Krypten und Tunnels ins unterirdische Linz geführt während man im "Höhenrausch" auf den Dächern wandelt. Über hölzerne Stege, Treppen und Wege gelangt man vom Kunsthaus hinauf in luftige Höhen. Kunstwerke (Installationen, Videos, Graphik, Skulpturen etc.) begleiten den Besucher, der sich auch von Zeit zu Zeit in einem Liegestuhl vor einer Kinoleinwand ausruhen ("Respect the Dead" von Pierre Bismuth), eine Tour im Riesenrad von Maider Lopez machen oder sich über chinesische Heilkunde ("Paradiesgarten" von Mali Wu) informieren kann. Der österreichische Künstler Werner Pfeffer stellt mit "Stadtmensch" eine Verbindung zwischen Besuchern und "normalen" Linzern her: man wird etwa aufgefordert seinen Geruchssinn zu mobilisieren um die Düfte aus der Backstube eines Linzertortenbäckers zu erschnuppern, seine Ohren zu schärfen um dem Domorgelspieler zu lauschen, die verschiedenen Glocken der Linzer Kirchen zu erkennen oder die Geräusche der Strassenbahn im Verkehrslärm auszumachen...
Ein köstlich absurdes Video von Erwin Wurm zeigt ein Paar in einem Auto das über die Möglichkeit als I-Pod wiedergeboren zu werden, die Menschlichkeit der Banane und grossmütterliche Zehen philosophiert und, als wäre es das normalste der Welt, dabei eine Hauswand hinauffährt. Der Russe Leonid Tishkov filmt sich beim Skifahren auf dem Dach seines Moskauer Wohnhauses oder bei seinen Gesprächen mit dem Himmel, der Amerikaner Paul DeMarinis verwandelt banale Regenschirme in Resonanzkörper aus denen Wassertropfen bekannte Melodien erklingen lassen, während der Schweizer Roman Singer "Kunst mit Knallkörpern" herstellt. Gegenwartskunst kann durchaus amüsant, unterhaltsam und lustig sein, poetisch und intelligent und für "Normalbürger" jeden Alters zugänglich. Der grosse Besucherandrang bei "Höhenrausch" bestätigt dies!

Labels: , ,