21.7.07

Eine Ausstellung im Gefängnis

Es standen hier wohl zu keiner Zeit die Türen so weit offen, widerspricht dies doch der Funktion, die das Gebäude erfüllte: 1886 erbaut, diente es bis 2003 als Polizeigewahrsam. Nun ist ungewiß, was damit geschehen soll. Das Deutsche Architekturmuseum in Frankfurt am Main zeigt hier noch bis zum 30.9.2007 die Ausstellung Gewahrsam. Räume der Überwachung. Die Ausstellung soll ein "historisches Tableau von Gefängnistypologien ausbreiten, das auf unterschiedlichen Konzepten für Inhaftierung und Überwachung basiert". Das kann man eindrucksvoll auf drei Etagen nachvollziehen. Auf Tafeln können die BesucherInnen Interessantes über die Gefängnisarchitektur und wie sie sich im Laufe der Jahrhunderte bis in die Gegenwart entwickelte, erfahren.
Am eindrucksvollsten ist der Ort jedoch selbst, die kleinen, dunklen Zellen, die vollbeschriebenen Wände, die abgeblätterte Farbe, der Schimmel und der muffige Geruch. Und die Ausstellung wird dann am Stärksten, wenn die Verbindung zum Ort Thema ist. So ist eine Zelle dem Frankfurter Bernhard Becker gewidmet, der hier 1937 von der Gestapo inhaftiert wurde. Aus Angst, seine Kamerade zu verraten - Becker war in der Katholischen Jugendarbeit aktiv und bezog gegen das Nazi-Regime Stellung - beging er im Polizeigewahrsam Selbstmord, indem er zehn rostige Nägel aus der Fußleiste aß. Man ist froh, das Gebäude, auch wenn es ausgedient hat, unversehrt wieder verlassen zu können. Die freundliche Aufsicht wünscht aber wohlweislich "Alles Gute" und nicht "Auf Wiedersehen".
Die Ausstellung hier rezensiert in FAZ-net

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19.7.07

Des Hausmeisters Sammlung

Voll war es letzte Woche, als im Frankfurter Portikus die Ausstellung "It takes something to make something. Die Sammlung Rausch" eröffnet wurde. Das Sammlungskonzept ist genial, wenn man wenig Geld hat, aber Kunst liebt: Man werde Hausmeister in einer Kunsthochschule und lässt sich von den Studierenden und Professoren mit Kunstwerken beschenken. Die Sammlung des Hausmeisterpaares Rausch von der Städelschule ist nun im kleinen, aber feinen Portikus-Gebäude auf der Main-Insel zu sehen. Dazu ist ein Katalog erschienen. Der Blick von der Empore in den Ausstellungsraum offenbart: Bei solch einer Fülle von Werken kann nur die Petersburger Hängung in Frage kommen.



Zum Nachlesen: Die Sammlung Rausch auf FAZ-Online.

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18.7.07

Blumensprachen

Äußerst vielversprechend und in jeder Hinsicht poetisch klingt die von Cornelia Meyer kuratierte und von Trinidad Moreno gestaltete Ausstellung in Zürich mit dem Titel Die Sprache der Blumen. Eine Blütenlese. So heisst es im Ausstellungstext: "Die Ausstellung thematisiert in Form einer „Blütenlese“ einige der vielen literarischen Bezüge zur Blumenmetapher vom Mittelalter bis in die heutige Zeit". Auf der Internetseite wird mit vielen Texten und Bildern die Lust auf die Schau im Strauhof geweckt. Schön ist es, dass viele Bilder wie auch die Begleitbroschüre als Downloads zur Verfügung stehen.
Hier ein Blick in "Den Garten der Blumenlyrik".

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13.7.07

Jubiläum

Jetzt habe ich doch tatsächlich das eigene Jubiläum verschlafen: seit 4.7.2006 ist der/das Museumsblog online. Im ersten Jahr, das für die Statistik, sind 130 Blogbeiträge erschienen, die, das möchte ich nochmals betonen, private, persönliche, subjektive Meinungen wiedergeben. Ein herzliches Danke schön an die Mitschreiberinnen und Mitschreiber, ich wünsche uns weiterhin viel Spass bei den Museums- und Ausstellungsbesuchen und dem Bloggen danach.

Das DHM in der Kritik

Das Portal Zeitgeschichte online hält einen neuen Service bereit: Ausstellungsrezensionen zur Dauerausstellung des Deutschen Historischen Museums in Berlin. Zusammengestellt wurden die Artikel von Jan-Holger Kirsch und Irmgard Zündorf, die die Eröffnung der Dauerausstellung nicht als Endpunkt einer Kontroverse verstanden wissen wollen, sondern als "Zwischenstation für die Beschäftigung mit (Zeit-)Geschichte im Museum". Die Rezensionen wie zum Beispiel von Jürgen Kocka oder Olaf Hartung können alle als PDF heruntergeladen werden. Auch dem DHM wurde die Möglichkeit gegeben, Stellung zu beziehen: Burkhart Assmus, zuständig für den Ausstellungsbereich Nationalsozialismus, gibt über die Genese der Dauerausstellung Auskunft. Wer noch keine Gelegenheit hatte, die Dauerausstellung zu besuchen, kann sich auf den Seiten des DHM die Panorama-Bilder ansehen. Hier schon einmal ein Bild aus meiner Kamera aus der Abteilung "Nationalsozialismus".

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11.7.07

Museum, nach außen gestülpt

Auf ein sehr spannend klingendes Projekt hat mich Matthias Beitl vom Wiener Volkskundemuseum hingewiesen. Um den BesucherInnen einen Eindruck davon zu geben, was Museumsarbeit eigentlich alles beinhaltet, können BesucherInnen von Mittwoch bis Freitag den MuseumsmitarbeiterInnen bei der Arbeit über die Schulter schauen. Das Projekt nennt sich Museum inside out und auf der Internetseite heißt es dazu:

"Die Ausstellungsräume verwandeln sich in multifunktionale Arbeitsplätze: temporäres Depot, Registraturstelle, Inventarisierungsterminal, Photolabor, Restaurieratelier, Bibliothek, Studierplatz. Publikum und Besucher sind so nah am Museum wie nirgendwo sonst. Bei jedem Museumsbesuch in diesem Jahr etwas Neues entdecken, jede Woche ein anderes, frisches Museumserlebnis. Ein Museum erfindet sich neu. Mit dem Projekt "museum inside out" stellt sich das Volkskundemuseum zur Diskussion, macht Museumsarbeit öffentlich, stülpt sich von innen nach außen und denkt sowohl intern als auch mit unterschiedlichen Öffentlichkeiten über seine Inhalte und möglichen Zukunftsperspektiven nach. Die jeglicher Museumsarbeit inhärente Arbeit am Gedächtnis wird so einerseits am Gedächtnis der eigenen Institution geleistet und andererseits dem Publikum als öffentliche Aufgabe für das kollektive Gedächtnis bewusst gemacht."
Parallel dazu finden Veranstaltungen und Expertenrunden statt. Am Donnerstag geht es etwa in der Rubrik "Geschichten aus dem Museumsalltag" um "Tabus" im Museum, am Samstag um Fototechniken und Restaurierung. Der Aspekt der musealen Selbstreflexion gefällt mir gut. Wer zufällig in Wien weilt, sollte unbedingt vorbeigehen, denn ein Besuch im Palais Schönborn lohnt immer; vor allem in den Sommermonaten kann man sich mit einem Cafe im wunderschönen Gastgarten belohnen. Bis zur nächsten Wien-Reise kann man sich auch auf dem Blog von Museum inside out vergnügen - natürlich ersetzt das nicht den Museumsbesuch.

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6.7.07

Auswandern macht Spass

Nun ist die Auswandererwelt Ballinstadt in Hamburg eröffnet. Die Rezensionen in der Presse sind relativ eindeutig: auf die Besucher wartet ein kommerzielles Event, mit vielen interaktiven Elementen, das vor allem Kindern gefallen wird. "Chance vertan", so heisst es in der Süddeutschen Zeitung vom 5. Juli (nicht online). Till Briegleb schreibt im Artikel "Wenn die Inhalte auswandern" über die Private-Public-Partnership von Stadt und Museum (Hamburg hat sich immerhin mit 6 Millionen daran beteiligt, angesichts der zu erwartenden Museumsreform in Hamburg doch sehr erstaunlich) und über den Umstand, dass der Betreiber nicht möchte, dass der Komplex Museum genannt wird, da "die Bezeichnung Touristen abschrecke". Weiter heisst es:
"Für eine umfassende Darstellung der Migrationsgeschichte ist diese Voraussetzung wenig hilfreich, denn das Event, das hier kreiiert werden muss, verträgt sich nicht mit den überwiegend schmutzigen Seiten des Themas."

Spiegel online:
"Überall wollen Knöpfe gedrückt und Bewegtbilder bestaunt werden, im Computer sind Großteile der Passagierlisten mit allen Abfahrtdetails und Namen verfügbar - ein wahrer Schatz für Ahnenforscher. Neun Puppen erzählen mit unbewegter Holzmiene die Schicksale von Kindern und Erwachsenen aus verschiedenen Epochen - Schauspieler des Hamburger Schauspielhauses nahmen die Stimmen auf. An der Decke darüber hängen "Traumblasen", beigefarbene Kugeln mit Begriffen wie "Genug zu essen", "Geld" oder "Glaubensfreiheit", die für die Träume der Auswanderer stehen. Ein bisschen wie ein Transkript von Hans Rosenthals "Dalli Dalli" (Was fällt Ihnen zu Auswanderung ein? Abschied, Hoffnung, Freiheit, das war Spitze!) wirkt auch der etwa vier Meter hohe künstliche Schiffsrumpf, zwischen dessen Planken weitere Assoziationsworte in orangefarbenem Licht erstrahlen."
In der Welt online heisst es:
"Im Inneren dieses multimedial konzipierten Erlebnisparks, der museale Dokumentation, großes Gefühlskino und den zeitgeistigen Hunger nach Eventhäppchen auf Seeteufel komm raus verbinden will, findet sich fast folgerichtig Hamburger Allerlei (....) Was die Ballinstadt vorführt, ist ein ansehnliches Sammelsurium aus Trouvaillen, ein bunter (und sympathisch kindgerechter) Gemischtwarenladen, dem es allerdings an einem künstlerisch stimmigen und zudem inszenatorisch berührenden Gesamtkonzept ermangelt."

Hier ist es anscheinend besser: Das ebenfalls private Deutsche Auswandererhaus in Bremerhaven, dass dieses Jahr den 2007 European Museum of the Year Award bekommen hat.

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4.7.07

Beim Duke von Marlborough zu Besuch


Blenham Palace, 20 Minuten von Oxford beim malerischen Ort Woodstock gelegen, bietet nicht nur etwas für diejenigen, die schon immer einmal den prunkvollen Wohnsitz des Duke of Marlborough und den Geburtsort von Sir Winston Churchill sehen wollten. Auch der Gartenliebhaber wird hier bedient, und das nicht nur im großen Landschaftspark. Hinter "Blenhem Bygones" verbirgt sich eine Ausstellung zu Gartengeräten, aber auch zur Geschichte von Blenheim und seine Gärten selbst, samt "Stuben-Ensembles" vom Büro des Buchhalters und der hauseigenen Töpferei. Die Ausstellung erinnert an die charmante Inszenierung in einem Regionalmuseum aus den 1950er Jahren.
Man muss jetzt aber nicht glauben, dass Blenham Palace in irgendeiner Weise verstaubt sei. Ganz im Gegenteil: die Vermarktung von Blenham Palace, seit 1987 UNESCO-Weltkulturerbe, ist sehr ausgefeilt. Neben der Palastbesichtigung, mit verschiedenen Ausstellungen kann man im Park schlendern und den Schafen und Fasanen zusehen, am See picknicken, sich mit einer kleinen Dampfbahn zum Schmetterlingsgarten fahren lassen und in einem riesigen Labyrinth fast verloren gehen. Zwischendurch kann man das Blenham Mineralwasser konsumieren und im reich bestückten Museumsshop wirklich schöne Dinge kaufen. Zusätzlich steigern Events wie Theateraufführungen und Cricket-Matches die Attraktivität für ein zahlungskräftiges Publikum. Nebenbei bemerkt: die Einheimischen zahlen natürlich nicht die stolzen 16 Pfund Eintritt für Park und Palast, sondern benutzen den Hintereingang in der Ortschaft Woodstock. Das ist englisches Recht.

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3.7.07

Von Abfall bis Xenologie

Ein lehrreiches und amüsantes Glossar zum Ausstellungs- und Museumswesen bietet der Kunsthistoriker und Museologe Gottfried Fliedl, der an der Museumsakademie Joanneum in Graz lehrt. Das Glossar, gemeint eher im Sinne einer Glosse, ist gefüllt mit zahlreichen Bildern und Zitaten. Schön ist etwa der Beitrag zu "Aufseher", in dem Martin Warnke zitiert wird. Hier ein Ausschnitt:
"Ein ausgebildeter Museumswärter wäre für die Besucher eher eine Belästigung als eine Hilfe. Die Besucher sollten ihre Ruhe haben zur tiefen, stillen, ungestörten Versenkung. Der Wärter soll nicht danebenstehen und unruhig auf die Sekunde warten, da er sein Wissen loswerden kann. Wenn schon nicht zu vermeiden ist, daß Wärter gelegentlich Preise und Werte, Anekdoten und Zoten verfügbar haben, dann soll doch eine fundiertere Kenntnis nicht unkontrolliert ein Informationsmonopol usurpieren, das den Wissenschaftlern von oben gehört. Die Argumente sind spezifische Varianten der in der Gesamtgesellschaft praktizierten Herrschaft."

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2.7.07

Museum der Dinge geöffnet

Seit letztem Wochenende kann geprüft werden, ob das Museum der Dinge zu Recht zu den Lieblingsmuseen gezählt werden kann. Mit der Ausstellung "Kampf der Dinge" stellt sich das Museum an seinem neuen Standort in Berlin-Kreuzberg vor. Der Deutsche Werkbund wird dieses Jahr 100 Jahre alt. In der neuen Dauerausstellung werden Produkte aus dieser Zeit einander gegenübergestellt, "positive und negative Pole der Argumentationslinien" nennt es die Kuratorin Renate Flagmeier, schön oder hässlich der oder die Ausstellungsbesucher/in.
Über die neue Dauerausstellung im Tagesspiegel und in der Frankfurter Rundschau online.

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