Die Sammlung in Szene setzen

Das betrifft nicht nur die hier schon vorgestellte Ausstellung Helvetia-Park, sondern auch die Präsentation der ständigen Sammlungen. Retour d'Angola, die seit Dezember 2007 laufende Ausstellung, ist allein deswegen sehenswert, da sie sich mit einer zentralen Frage in ethnographischen Museen auseinandersetzt: wie gehen wir mit unserer Sammlung um?
Die Ausstellung würdigt Théodore Delachaux (1879-1949), Schweizer Künstler und Sammler, zwischen 1921 und 1945 Konservator und Forscher am MEN. Delachaux organisierte und begleitete zwischen 1932 und 1933 die Forschungsreise nach Angola, um Objekte für das Museum zu sammeln.
Die Ausstellung möchte aber noch mehr: sie nimmt die ethnographischen Methoden der Zeit unter die Lupe, das Forschen, das Sammeln, verfolgt den Weg, wie Gegenstände zu Museumsobjekte werden und was mit Objekten im Museum passiert - in der Vergangenheit wie in der Gegenwart. Die Ausstellung thematisiert das in vier Stationen: Vorbedingungen, Aufbruch, das Terrain und das Zurückkommen und der Umgang mit den Objekten.

Im Raum "Im Abschiedsfieber" wird mächtig inszeniert: Listen von Delachaux mit Gegenständen, die mitgenommen werden müssen, Briefwechsel und Notizen sind übergroß auf Fahnen appliziert. Damit soll das Programm der Expedition nach Angola nachvollzogen werden. Im Mittelpunkt stand hier vor allem: Lücken füllen.
Im nächsten Raum ist man schon vor Ort - Im Terrain. Das Terrain wird vor allem mit Fotografien inszeniert. Delachaux setzte schon sehr früh auf die Fotografie. In Angola fertigte er und sein Kollegen Thiébaud über 2500 Fotos an, die nun auf zwei Ebenen gezeigt werden - auf einer eher künstlerischen und auf der dokumentarischen.
Im letzten Raum "Das große Auspacken" sind wir wieder zurück im Museum und schauen uns sozusagen an, was wir alles mitgebracht haben. Das beginnt mit dem Schock: wie und wo bringt man überhaupt die über 3500 gesammelten Objekte unter? Vor allem geht es darum, wie die mitgebrachten Objekte eingeordnet, beschrieben, restauriert und klassifiziert werden - damals wie heute. Eine Installation im Raum widmet sich den Meisterwerken - denen, die bereits vom Kunstmarkt akkzeptiert sind und hohe Preise erzielen (könnten) und denen, die möglicherweise noch Wertsteigerungen erfahren werden.
Die Ausstellung endet mit Fragen - die symptomatisch für viele Sammlungen stehen können - wie: Sind jetzt die Lücken im Museum wirklich gefüllt? Haben die Objekten noch eine Verbindung zu den Ursprungs-Populationen? Sollen wir sie wieder zurückgeben? Wie wird sich der Marktwert entwickeln und was hat das mit dem Museum zu tun?
Im Zentrum steht eine Antwort, die Delachaux häufig in Angola hörte: Das kann ich nicht verkaufen, das gehört mir nicht - quasi die Quintessenz für museale Sammlungen. Die letzte Frage lautet deshalb konsequenterweise: Rückkehr nach Angola?
Es ist eine sehr sympathische Ausstellung, weil sie sich ganz unaufgeregt mit zentralen Fragen im Museum beschäftigt und zugleich sehr beispielhaft argumentiert. Die Ausstellung ist abwechslungsreich inszeniert, ohne überinszeniert zu wirken.
Die Ausstellung begleitet eine Broschüre der Reihe Texpo, ein Begleitbuch wird demnächst erscheinen.
Labels: Ethnologie, Schweiz
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