30.4.07

Geraubte Kunst

Gestern abend, leider sehr spät, kam ein großartiger Film auf arte: Sonderauftrag Führermuseum. Mit Dokumentaraufnahmen und nachgestellten Szenen wurde der organisierte Kunstraub der Nationalsozialisten nachvollzogen. Für das von Hitler geplante Führermuseum in Linz war der Dresdner Kunsthistoriker Hans Posse tätig. Der stand schon vor der Tür, noch bevor die Nazis das Land besetzten, wie im Fall des Genter Altars. Posse kam in Gent etwas zu spät an: die Belgier hatten kurz zuvor die Tafeln schon unter dramatischen Umständen abtransportiert. In Südfrankreich, am Rande der Pyrenäen, fanden die Schätze im Schloss von Pau Obdach. Als Nazi-Deutschland Frankreich besetzte, reiste Posse gleich nach Pau, damals unbesetzte Zone, und holte sich den Altar; die deutsche Regierung hatte die französische massiv unter Druck gesetzt. Die Genter-Altar-Bilder kamen in das Salzbergwerk von Altaussee, wo schon eine Mannschaft mehrere Tausend Werke verwaltete. Denn die Bilder wurden nicht einfach abgestellt, sondern fotografiert, inventarisiert, aufgelistet. Dafür sind wir Deutsche ja Spezialisten. In Paris, wo die Nazis hauptsächlich jüdische Sammlungen plünderten, wurden die Bilder im Jeu de Paume gelagert, wo die französische Mitarbeiterin Rose Valland heimlich Listen anfertigte, die sie der Résistance gab und die später der amerikanischen Schutzkommission half, die Bilder wieder zu finden. Mit der Invasion der Alliierten in der Normandie kamen nämlich auch Kunstdetektive im Dienste der amerikanischen Armee an Land, die gezielt Kunstwerke suchten, um sie vor der Zerstörung zu retten und um sie wieder zu restituieren. Sie fanden auch die Spur der Genter Altarbilder im Bergwerk, wo sie fast vollständig geborgen werden konnten. Auf sowjetischer Seite war übrigens die Trophäenkommission unterwegs, die als Rache für die deutschen Zerstörungen in der Sowjetunion gezielt nach wertvollen Werken suchte, um sie mitzunehmen... - es gäbe noch viel Spannendes zu erzählen. Leider ist für diesen Film keine Wiederholung angekündigt - aber vielleicht können das ja viele Emails an arte ändern. Es lohnt sich, nicht zuletzt weil Beutekunst das Thema unserer Zeit ist.
Die Wiener Kunsthistorikerin Birgit Schwarz hat die Fotoalben, die Posse regelmäßig Hitler vorlegte, in Berlin gefunden und publiziert: "Hitlers Museum. Die Fotoalben: Gemäldegalerie Linz". Wien, Köln, und Weimar 2004. Mehr über das Buch in Faz.Net und in der Welt-Online.
Die Fotoalben sind heute im Deutschen Historischen Museum in Berlin.

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1 Kommentare:

Anonymous Anonym sagte...

Du hast bestimmt Recht: Beutekunst, vor allem aber die Raubkunst sind die Themen, die aus kunsthistorischer Richtung neben den Blockbuster-Austellungen heute in die Medien gelangen.
Schlicht und ergreifend, weil es besonders in Bezug auf die Raubkunst oft um sehr viel Geld geht. Ein gutes Thema für die Medien, weil alte Vorurteile gegenüber den "Juden", die mit dem Verkauf der restituierten Kunstwerke - etwa bei Christie's - ihr Säckel reichlich füllen, weiter genährt werden können. Ein gutes Thema auch, weil bei der Aufklärung immer ein wenig "James Bond" (aka C. Toussaint et.al.) im Spiel ist. Natürlich macht es Spass, die "James Bonds" bei der Arbeit zu beobachten. Selbst denen, die mit Kunst sonst eigentlich nichts am Hut haben.

Würden die deutschen Museen endlich mehr aus eigenen Kräften zur Klärung ihrer Bestände ungeklärter Herkunft beitragen, würde das Medieninteresse rasch erlahmen ...

Doch bis dahin ist der Weg noch weit, wie ein vergleichender Blick auf die Such- und Fundmeldungen bei www.lostart.de eindrücklich beweist. Beschämend!

3/5/07 00:31  

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