16.7.09

Die Fotokünstlerin Gisèle Freund

Porträts und Reportagen, so heisst es im Untertitel der Schau, die bis Anfang Oktober im Focke-Museum im Bremen zu sehen ist. Während die Porträts zum Teil sehr vertraut sind, da längst zu Bildikonen geworden - wie der französische Kulturminister André Malraux auf seinem Balkon mit Zigarette in der Hand (die Zigarette musste für ein offizielles Bild später wegretuschiert werden) - sind die Reportagen, zumindest für mich, eine Entdeckung: vor allem damit hatte die Fotografin zunächst in Deutschland und nach der Emigration in Frankreich und Südamerika ihr Geld verdient. So hat Gisèle Freund etwa die Mai-Demonstrationen 1932 in Frankfurt am Main und in Worms fotografisch dokumentiert.

Zum Teil handelt es sich in der Ausstellung um von Freund signierte Fotografien; zum Teil kann man wohl nicht mehr nachvollziehen, von wann genau die Aufnahmen stammen. Viele der Porträt-Aufnahmen sind farbig und von einer Farbigkeit, die man digital nicht mehr nachvollziehen kann - das sieht man etwa an der Gegenüberstellung von Freund-Papier-Abzügen und Digitalprints. Die Ausstellung ist mit über 140 Fotografien luftig gehängt, man hat viel Platz zum Schauen und zum Verweilen.

Ein reichlich bebilderter Katalog* lädt dazu ein, zu Hause noch mehr über das abwechslungsreiche Leben von Freund nachzulesen bzw. in einer Art Bilder-Tagebuch zu blättern - von der behüteten (jüdischen) Kindheit in Berlin, dem Studium in Frankfurt am Main, der Emigration aus dem Nazi-Deutschland nach Paris und nach Südamerika und dann das Leben nach dem Zweiten Weltkrieg in Paris, und damit auch der Weg von der Foto-Reporterin zur Fotokünstlerin.

Gisèle Freund wäre 2008 100 Jahre alt geworden. Aus diesem Anlass gab es in Deutschland einige Ausstellungen zu sehen. Hier kann man etwas darüber nachlesen und farbige Porträts anschauen.


Und warum das Focke-Museum auf alle Fälle - und gerade auch im Sommer - einen Besuch verdient, steht demnächst im Museumsblog. Hier schon als visueller Appetizer eine verwunschene Statue im Park.






*Photographien und Erinnerungen mit autobiographischen Texten und einem Vorwort von Christian Caujolle. 224 Seiten, 205 Farb- und Duotone-Tafeln, Schirmer/Mosel. Wiederauflage München 2008.

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